Bauen und Bewahren: Die wechselvolle Geschichte des Westerländer Rathauses
Wer heute das Westerländer Rathaus betrachtet, sieht in erster Linie den administrativen Mittelpunkt der Inselhauptstadt. Doch das markante Gebäude auf der Düne ist weit mehr als nur ein Verwaltungsbau: Es ist ein steinernes Zeugnis der Sylter Inselgeschichte, das in über 120 Jahren zahlreiche Wandlungen durchlaufen hat.
Vom Kurhaus zur Kommandozentrale Erbaut im Jahr 1896, markiert das Gebäude eine Zeit, in der der Tourismus auf Sylt seinen ersten großen Aufschwung erlebte. Ursprünglich diente es nicht als Rathaus, sondern als Sitz der Kurverwaltung. Erst im Jahr 1933 änderte sich die Nutzung, und das Gebäude wurde offiziell zum Rathaus erkoren – eine Funktion, die es bis heute innehat.
Glücksspiel und Feuersbrunst Ein besonders interessantes Kapitel der Gebäudegeschichte begann in der Nachkriegszeit. Im Jahr 1949 zog der Glamour in die Amtsstuben ein: Die Spielbank Sylt fand hier ihre erste Heimat. Für kurze Zeit lagen Bürokratie und Roulette Tisch an Tisch. Doch die Geschichte des Hauses ist nicht frei von Dramatik. Nur ein Jahr später, 1950, wütete ein Brand im Dachstuhl, der die Bausubstanz bedrohte, jedoch glücklicherweise nicht zur Zerstörung des Wahrzeichens führte.
Ein Beispiel für beständigen Wandel Eine weitere Zäsur erfolgte 1969, als die Kurverwaltung endgültig auszog und neue Räumlichkeiten in der Strandstraße bezog. Das Rathaus blieb jedoch bestehen. Architektonisch bemerkenswert ist seine leicht erhöhte Lage. Was damals primär der ästhetischen Erhabenheit diente, erweist sich in Zeiten des Klimawandels und steigender Meeresspiegel als weitsichtige Bauweise: Das Gebäude thront sicher einige Stufen über dem Straßenniveau.
Fazit Das Westerländer Rathaus ist ein Paradebeispiel für das Motto „Bauen und Bewahren“. Es zeigt, wie historische Bausubstanz über Jahrhunderte hinweg gepflegt, angepasst und mit neuem Leben gefüllt werden kann, ohne ihren ursprünglichen Charakter zu verlieren. Ein Besuch lohnt sich nicht nur für Behördengänge, sondern auch für einen Blick auf ein Stück bewahrte Insel-Identität.